Der 2-Kreiser der Xenia weist eine Besonderheit auf: Man braucht keinen Coolingflush, da der Wärmetauscher nach dem Bezug geleert wird. Damit wurde aus dem Konzept einer Wärmetauschermaschine konstruktiv diese lästige Sache entfernt.
Der Dualboiler der Xenia hat ebenso eine Besonderheit: Das Brühwasser wird zur Vorwärmung nicht über den Dampfboiler geleitet, sodass der Dampfboiler ausbleiben kann, wenn man nur einen Espressobezug starten möchte.
Der Brühboiler ist trotzdem recht klein (netto ~270 ml). Damit das kalte Wasser keinen negativen Effekt auf den Bezug hat, wird das Wasser in einer stabförmigen Heizung auf den Boden des Boilers geleitet und kann auf dem Weg nach unten schon vorgeheizt werden. Zusätzlich verfügt die Maschine über einen Leistungsregler der (wie ein Dimmer) die Brühboilerheizung und Brühgruppenheizung genau und schnell auf die Zieltemperatur bringt und hält. Die Brüheinheit (der Boiler verbunden mit der Gruppe) inkl. der Menge Wasser von 4 doppelten Bezügen ist also einheitlich auf die Zieltemperatur gebracht worden, bevor der Bezug beginnt.
Seit 2015 überprüfen wir die Funktion unserer Maschinen mit dem sog. Scace und haben nach einiger Zeit eigene Messeinrichtungen gebaut. Beide Varianten lieferten innerhalb gewisser Grenzen ähnliche Ergebnisse.
Scace – Besonderheiten
Was auffällt, ist dass alle Bezüge – gemessen mit einem Scace – in den ersten 10-15 Sekunden für alle Maschinen ähnlich aussehen. Hier ein Auszug aus der Messung der Kaffeemacher an der Micra und Ascaso Steel Duo:
Wir wissen aus unseren Messungen an der Xenia (2-Kreiser), dass in der Startphase eher so einen Temperaturverlauf gibt:
Wir haben, um diese 2 Wellen ganz klein zu bekommen, einiges unternommen. Dieser Verlauf hat seinen Ursprung, in der Tatsache, dass der (leere) Wärmetauscher zu Beginn des Bezuges etwas wärmer als die Bezugstemperatur ist und das erste Wasser diese überhöhte Temperatur ‚mitnimmt‘. Das folgende Wasser kann deswegen dann weniger Wärme übernehmen. Wenn dann das ‚erste‘ Wasser auf das Kaffeemehl trifft, sinkt die Flussgeschwindigkeit und das System läuft stabil. An dieser Stelle funktioniert der Zweikreiser der Xenia ähnlich einer Thermoblockmaschine.
Die Lösung: Wir haben sehr lange an Form und Länge des Wärmetauschers gearbeitet und haben in die Gruppe einen ~80mm langen Turbulator eingebaut. Der hat dann den Wärmeüberschuss des zuerst eintreffenden Wassers aufgenommen und an das folgende (kühlere) Wasser abgegeben. So gab es für die unruhige erste Phase (10-15 Sekunden) einen wirksamen Ausgleich der Temperatur des Bezugswassers.
Letztlich war es der Turbulator, der maßgeblich für den erfolgreichen Ausgleich gesorgt hat.
Was aber klar wurde: Nichts davon hat man in einer Scace-Messung gesehen.
Und was man durch bloßes Hinsehen erkennt: Dieser schwungvolle Bogen zu Beginn einer Messung kann auch nicht der Realität entsprechen. Es dürfte ausgeschlossen sein, dass z.Bsp. in Sekunde 4 das Bezugswasser nur 83°C hat (zumindest bei einer Maschine mit Boiler, wie der Micra):
Vor ungefähr 1 Jahr haben wir diese These überprüft. Wir haben ein Scace in den Kühlschrank gelegt und herausgenommen, als der Sensor ungefähr 15°C gezeigt. Das war 8° unter der Temperatur des Wassers im Tank. Damit waren es ungefähr die gleichen Bedingungen, wie bei einer Scace-Messung bei aufgeheizter Maschine (das Scace ist immer kühler). Für die Bezüge wurde die Maschine gestartet – mit ausgeschalteten Heizungen.
Würde das Scace die nicht ganz unwichtige Startphase des Bezugs messen können, müsste eine Gerade bei 23°C herauskommen. Das Resultat war (wie erwartet):
Xenia-Dualboiler
Wir waren uns ziemlich sicher (auch durch eigene Messungen), dass die Maschine in der Lage ist, eine Temperatur über den Bezug sehr gut zu halten und auch bei aufeinanderfolgenden Bezügen dieses Niveau nicht (oder nur wenig) verlässt.
Im Sommer 2024 wurde genauer geschaut, ob es noch Verbesserungspotential bei der Ansteuerung der Heizungen gibt. Was klar ist: wenn 60ml Wasser mit 20°C in kurzer Bezugsfolge in den kleinen Boiler mit 270ml (netto) strömen, dann wird die Heizung mit (nur) 500 Watt ordentlich eine Zeit zu tun haben, die Solltemperatur wiederherzustellen. Ein weiterer Bezug nach wenigen Sekunden wird uU auf ein dann nicht ganz aufgeheiztes System treffen und passiert das mehrfach, dann wird die Brühtemperatur sinken.
Inspiriert zu dieser Überlegung hat uns dazu die Messung der Kaffeemacher an einer Micra ohne Dampfboiler:
Der Brühboiler der Micra ist mit 250 ml ähnlich klein und hat damit die gleiche Herausforderung wie die Xenia, wenn bei einem Bezug ¼ des warmen Wassers gegen kaltes Wasser ausgetauscht wird.
Die Frage war also: wie vermeidet man das Absacken bei Bezügen in kurzer Folge.
Um es vorwegzunehmen: Es gibt aus diesen Überlegungen Optimierungen, die zum Teil in die kommende Firmware bzw. übernächste Version einfließen werden.
Diese Optimierungen wurden u.a. mit einem Scace gegengeprüft. Auch wenn die ersten 10-15 Sekunden eher wertlos sind, ist es dennoch keine sinnlose Sache, das Scace zu nutzen, insbesondere mit dem WBC-Protokoll. Da wir in der Maschine Sensoren unmittelbar in Brühwassernähe haben, können wir gut gegenprüfen, ob das Bezugswasser annähernd mit Brühtemperatur in der Gruppe ankommt oder ob das kalte Wasser stört.
Käme zu kaltes Wasser an, würde die Brühgruppe Wärme abgeben müssen und das würde der PT1000 an den Prozessor melden, der dann die Leistung der Heizung zum Ausgleich erhöhen würde. Hier ein Beispiel einer Gruppe, die nur 34,2°C hat: rechts sieht man den Leistungscontroller auf 100% Heizleistung gestellt, weil die Temperaturdifferenz zwischen Soll und Ist sehr groß ist:
Zu Beginn der Scace-Messungen haben wir die Maschine – wie vorgeschlagen – 1 Stunde lang stehen gelassen und dann mit den Messungen begonnen.
Auffällig war dann, dass die 15 Messungen des WBC-Protokolls immer wie im folgenden Diagramm verliefen, wenn die Aufheizzeit von 60 auf 10 Minuten verkürzt wurde:
Vorher war es eher so:
Eigentlich besteht eine Messung aus 32 Temperaturen (gemessen im Abstand von 1 Sekunde) – das ist aber für eine Auswertung von 15 Messungen zu unübersichtlich. Jede dieser Messungen gemäß WBC-Protokoll (in den zeitlich vorgegebenen Abständen) wird durch den Wert der letzten Sekunde eines Bezuges repräsentiert. Das geht, weil ab Sekunde 15 nahezu alles gleich ist
Wenn man Genaueres über das ABC Protokoll erfahren möchte: WBC-PROTOKOLL
Auf Seite 10 ist dann die Prozedur im Wesentlichen in Form einer Tabelle beschrieben.
Die ersten 3-4 Bezüge waren scheinbar kühler und dann wird es von Bezug immer wärmer. Dem könnte man softwareseitig begegnen, indem man misst, wann die Maschine eingeschaltet bzw. das letzte Mal genutzt wurde und dann je nach Dauer die Heizungen höher einstellt.
Unlogisch erschien das aber schon, denn der Sensor in der Gruppe zeigte keine nennenswerte Abweichung vom Soll und der Brühboiler zeigte den normalen Temperaturabfall durch das einfließende kalte Wasser.
Anstatt nun aktiv in das Heizen einzugreifen, wurde überprüft, ob es nicht am Scace selber liegt.
Scace – Überprüfung 1
Wir haben das Bezugswasser 10 Sekunden nach dem Bezug gemessen. Dazu haben wir eine Messeinrichtung, die dafür sorgt, dass der feine Sensor nicht durch die Halterung beeinflusst wird und man das Wasser trotzdem gut in 10 Sekunden durchmischen kann. Das Resultat war die orange Linie im folgenden Diagramm:
Man sieht: während die Temperatur der Messungen mit dem Scace von Bezug zu Bezug ansteigt, bleibt die Wassertemperatur stabil. Eine mögliche Schlussfolgerung war: das Scace beeinflusst selber die eigene Messung.
Scace – Überprüfung 2
Das wurde nun gegengeprüft. Normalerweise läuft eine Scacemessung so: Bezug starten – Siebträger ausspannen – Wasser ausschütten – einspannen – Zeit bis zum nächsten Bezug abwarten.
Das wurde im ersten Durchgang nicht gemacht.
Dann wurde die Messung nach 4 Stunden wiederholt (die Maschine war ausgekühlt) – diesmal mit Ausspannen & Ausleeren. Das Resultat im Vergleich:
Die ersten Messungen (gemäß WBC-Protokoll) mit den langen Intervallen (10 min – 1 Minute) sind absolut gleich. Dann ändert es sich aber nach und nach und deutlich erkennbar. Die blaue Kurve (ohne Ausspannen/Ausleeren) bleibt hoch – die orange Kurve (mit Ausspannen/Ausleeren) fällt ab. Der mögliche Grund: Ohne Ausspannen verbleibt mehr Wärme (in Form von Wasser) im Messeinsatz.
Scace – Überprüfung 3
Das bedeutet im Umkehrschluß: Lässt man eine Maschine länger aufheizen, werden die ersten (sonst schinbar recht kalten) Messungen mit einem Scace ‚besser‘ ausfallen. Und so ist es auch:
Scace – Schlußfolgerung
Die Schlussfolgerung: das Scace misst sich zum Teil selber bzw. lädt sich im Verlauf der Messungen auf. Zu Beginn absorbiert es aber Wärme und lässt deswegen die Bezüge kälter aussehen.
Wenn man sich ansieht, wie das Scace konstruiert ist, dann gibt es dafür auch eine gute Erklärung. Mr. Scace kam auf die Idee, das Kaffeemehl mit einem Kunststoff zu simulieren, der ähnliche thermische Eigenschaften hat, wie Kaffee. Was plausibel klingt, ist jedoch ein ganz eigentlich ein Nachteil. Den Kaffee (und das warme Wasser) schlägt man nach dem Bezug aus. Der Kaffee-Ersatz aus Kunststoff im Scace verbleibt im System und den wärmt mit jedem Bezug weiter durch.
Scace – Einordnung
Ist das Scace damit nur teurer Unsinn? Ganz so ist es auch nicht. Man kann über Messungen eines Scace mit dem WBC-Protokoll schon grob einschätzen, ob die Entwicklung der Temperatur einer Maschine immer ähnlich ist.
Dazu hilft einem die Betrachtung mehrerer einzelner Messungen und deren Verlauf. Durch die (vermutlich) ungewollte Stabilisierung der Messwerte durch den Kunststoff-Puck kann man trotzdem in einem gewissen Rahmen erkennen, wo es mit den Messwerten deutlich aus dem Ruder läuft. Dieser Verlauf legt z.Bsp. die Vermutung nahe, dass zu viel kaltes Wasser im Verlauf des Bezugs in den Abgang zur Gruppe gelangt:
Hat man mehrere davon in so einer WBC-Session, sollte man sich schon Gedanken um eine Verbesserung der Wasserzuführung oder Vorwärmung machen.
Eine einzelne Messung zum Nachweis der Temperaturstabilität (statt der Nutzung des WBA-Protokolls) ist im besten Fall völlig wertlos und täuschend. Man braucht vorher nur genug Bezüge zu machen, dann verhilft das aufgeladene Scace selber zu einem schönen gleichmäßigen Verlauf. Das WBA-Protokoll mit Scace schließt also ‚one-hit-wonder‘ aus.
Das Scace taugt aber nicht, die Brühtemperatur zumessen. Und was auch nicht geht sind ‚Scace-Parties‘: sich also ein Scace ausborgen und dann mehrere Maschinen zu kalibrieren (aufgrund des oben beschriebenen Memory-Effektes).
Das Scace ist keine offizielle oder fälschungssichere Messmethode. Das Thema ‚thermische Stabilität‘ ist in der Werbung ziemlich hoch gehängt und Messungen ohne Videonachweis können leicht der Erwartung der potenziellen Kunden angepasst werden.
Mit Videonachweis kann man mit dem Scace + WBC-Protkoll einige wertvolle Schlüsse ziehen. Deswegen nutzen wir es als einfach zu handhabendes Schätzeisen. Unsere eigenen Messeinrichtungen sind für grobe Einschätzungen zu aufwändig in der Anwendung. Im Groben kann man mit einem Scace also ‚Reproduzierbarkeit‘ nachweisen.
Und folgt hier eine der vielen Messungen aus dem Winter 2024 mit Video:
Scace – Messung Xenia DBL
Lässt man die ersten 11 Sekunden aus den oben angeführten Gründen weg, sieht man eine hohe Konstanz bei allen Bezügen_
Schaut man sich zum Beispiel die Sekunde 25 an, dann liegen zwischen den Bezügen gemäß dem Scace weniger als 2°C
Die Abweichungen zwischen den Bezügen sind ab Sekunde 15 auch insgesamt bei diesem niedrigen Niveau:
Das Maximum (gut 93°C) wird bei den letzten Bezügen erreicht. Wie oben beschrieben kann man aber davon ausgehen, dass auch die ersten Bezüge diese Temperatur erreichen – nur das Scace noch Wärme absorbiert.
Vergleicht man das mit einer Micra, dann hat man mit rund 3°C auch einen guten Wert – die Xenia liegt also sogar noch etwas besser. Quelle für die Micra: das Diagramm mit schwarzem Hintergrund auf https://www.kaffeemacher.ch/blog/la-marzocco-linea-micra/
Wenn man sich nun die Bezüge einzeln anschaut, dann ist auffällig, dass jeder Bezug in sich sehr stabil läuft. Es gibt maximal ganz leichte Anstiege während des Bezugs, jedoch keine Einbrüche. Hier 2 Beispiele (Bezüge 11 und 14):
Die ersten Bezüge haben alle einen langsameren Anstieg und erreichen (wie schon beschrieben) scheinbar nicht ganz die Solltemperatur:
Das unterstützt die weiter oben erklärte Annahme, dass das Scace hier noch Wärme absorbiert.
Schaut man sich die letzten 6 Bezüge an, bei denen zwischen den Bezügen gemäß Vorgabe nur 10 Sekunden liegen, ist erkennbar, dass die Maschine es schafft, das kalte Wasser auszugleichen.
Nur der mit einer hellblauen Linie dargestellte Bezug sackt am Ende um 1°C ab. Wenn Bezüge Temperatur bei diesen kurzen Abständen verlieren, ist das verständlich und wurde oben erklärt.
Schaut man sich unter https://www.kaffeemacher.ch/blog/la-marzocco-linea-micra/ die Kurven der Mirca an, wird diese Erklärung bestätigt – zum Ende kommt das kühle Wasser immer mehr zum Tragen:
Mit den kommenden Änderungen beugen wir dem noch besser, wie man an den Messungen sieht.
Fazit
So wie es aussieht, hat Scace einige Besonderheiten, die die Aussagekraft der Messungen mindern. Es ist aber noch zu überprüfen, inwieweit die Maschine an den oben beschriebenen Effekten beteiligt ist. Hier geht es vermutlich nur um einen geringen Effekt, aber dennoch sollte er eines Tages untersucht werden.
Die Untersuchung begann im September 2024 und es gab erst einmal eine größere Menge an Messungen, um grob einige Thesen zu prüfen. Die aussichtsreichen Änderungen wurden später in der Folge genauer untersucht und im Dezember folgen 53 Messungen (jede über gut 30 Minuten), bei denen sehr viele Parameter und deren Änderung und Auswirkung der Änderungen aufgezeichnet wurde. Ausserdem gab es noch eine Reihe Messungen die bei erkennbarer Erfolglosigkeit abgebrochen wurden.
In der Summe waren es über 100 Stunden Arbeit, 6 AA-Batterien, einige kWh für die Maschine und einige Eimer Regen-Wasser.